Am 30.11.2013 trafen sich in Wiesbaden viele engagierte Bürger zu einer Demo und Kundgebung für die Energiewende. Die Teilnehmer errichteten ein symbolisches Windrad aus 100 Fackeln. Zu dieser Veranstaltung hatte die Lokale Agenda 21 Taunusstein, die AKTE, und des Bündnis Energiewende Wiesbaden-Taunus (EEWT) u.v.m. gemeinsam eingeladen.
In den Beiträgen von Arno Goßmann (Bürgermeister /Umweltdezernent Wiesbaden), Nadine Röck-Knüttel (CDU), Janine Wissler (DIE LINKE), Dr. Annette Bänsch-Richter-Hansen (IPPNW – Ärzte gegen den Atomkrieg) sowie weiterer Redner des Bündnissess EWWT gingen die Redner/innen auf die aktuelle Situation der Energiewende in unserer Region und deren Perspektiven ein. Zum Thema „Energiewende retten“ fanden gleichzeitig in mehreren Städten in Deutschland ähnliche Veranstaltungen statt.
mehr: Frankfurter Rundschau: Mit Fackeln für die Windkraft
mehr: heute.de: Tausende demonstrieren für “Rettung der Energiewende”
mehr: Sonnenseite: 16.000 fordern: Energiewende retten
mehr: energiezukunft: 16.000 Teilnehmer bei Energiewende-Demo
Redebeitrag vom Bündnis EWWT auf der Kundgebung:
„Die Energiewende jetzt beschleunigen und gestalten – auch in Hessen“
am 30.11.2013 in Wiesbaden, von Klaus Wollner
„Wir lassen uns nicht verkohlen” – Mit diesem Slogan sind viele Umweltschutzorganisationen vor kurzem aus der 19. UN-Klimakonferenz in Warschau protestierend ausgezogen. Damit wollten sie deutlich auf den ungeheueren Einfluss der Kohleindustrie auf die Konferenz aufmerksam machen.
In Deutschland ist der Einfluss der Kohlelobby nicht minder massiv was sich natürlich auch im schwarz-roten Koalitionsvertrag niederschlägt.
Das sind keine guten Aussichten und sie passen so gar nicht zu dem Motto unserer Kundgebung hier in Wiesbaden „Die Energiewende jetzt beschleunigen und gestalten – auch in Hessen“. Wozu auch ich sie und euch alle herzlich willkommen heiße.
Wir vom Bündnis Energiewende Wiesbaden Taunus haben unsere Ziele in unserem Grundlagenpapier folgender Maßen formuliert:
„Wir treten ein für die Schaffung einer umweltverträglichen, gerechten und nachhaltigen Energieversorgung. Darunter verstehen wir im Einzelnen:
- Schutz der Ressourcen durch mehr Effizienz und verantwortlichen Lebensstil.
- Globale Gerechtigkeit im Anspruch auf natürliche Ressourcen
- Minderung des Weltklimawandels durch Abkehr von fossilen Energieträgern.
- - Schneller Ausstieg aus der Atomkraft.
– Genossenschaftliche Beteiligung vieler Menschen an einem dezentralen Energiesystem“.
Doch lässt der aktuelle 5. Weltklimabericht, was die Erreichung dieser Ziele angeht, eine eher ernüchternde Ausgangslage erkennen. Kaum jemand geht noch von einer realistischen Chance auf die Begrenzung der Erderwärmung um 2 Grad aus. Der letzte Riesen-Taifun fegte mit über 350 km/h über die Philippinen und in Deutschland richtete die xte Jahrhundertflut Anfang des Jahres ernorme Schäden an.
Trotz alledem ist die Energiewende ein ungeliebtes Kind. Kaum jemand will sie wirklich von Herzen. Vielleicht weil es zuviel Veränderung bedeuten würde. Oder weil die Energiewende mit diesen äußerst unangenehmen Themen wie Klimachaos und dem Zu-Ende-Gehen nicht nur der fossilen Rohstoffe in Zusammenhang steht.
Dazu kommt: Wenn man mit dem Energiewende-Finger auf andere zeigt, zeigen auch hier immer drei Finger auf einen selber zurück. Also auch jede und jeder Einzelne von uns ist gefragt und gefordert seine Lebensweise zu überdenken und zu ändern. Das aber fällt wahrscheinlich niemanden so leicht.
Das Thema Energiewende ist vielleicht auch deshalb so heiß, weil viele zumindest erahnen, das es ohne Suffizienz nicht gehen wird. Das heißt ohne einen maßvollen Umgang mit Energie, Ressourcen und Natur werden wir die weiterhin anhaltende Co2 Explosion kaum stoppen können.
Das gilt natürlich auch für Wiesbaden und die Region. Wir hören oft das Argument, dass wir uns die Windräder hier auf dem Taunuskamm doch im wahrsten Sinne des Wortes sparen könnten. Eben durch Energieeinsparungen. Fakt ist aber, dass wir alles an Erneuerbaren brauchen, was wir kriegen können und es dann immer noch nicht reichen wird die selbst gesteckten Klimaschutz-Ziele zu erreichen. Erst recht nicht, wenn wir über das Jahr 2020 hinaus denken, was uns eigentlich nicht schwer fallen sollte.
Und dabei soll die Energiewende auch noch sozial gerecht umgesetzt werden. Dazu gehört, dass Energie für alle bezahlbar sein muss, dass die Kosten der Energiewende gerecht verteilt werden, dass die Kleinen nicht wieder die Hauptlast aufgebrummt bekommen und die Großen befreit werden. Und dass es Energiegerechtigkeit auch auf transnationaler Ebene geben muss. Doch auch hier taucht die Frage nach gerechten Maßeinheiten nicht nur beim Preis auf. Schauen wir ausschließlich auf den Preis, würde dies bedeuten von der falschen Annahme aus zu gehen dass von allem jetzt und auf absehbare Zeit für alle Menschen ausreichende Mengen vorhanden sind und sein werden, und dieser fette Kuchen nur gerecht geteilt werden müsse. Aber das stimmt so nicht. Langsam sickert durch, dass wir in einer endlichen Welt leben, und weil dies so ist gibt es Überlegungen ein Menschenrecht auf Natur-Nutzung zu formulieren und in gleichen Größeneinheiten auf die Menschheit zu verteilen. Auch gibt es Überlegungen zu einem Finanzsystem was dies berücksichtigt.
Was können wir also tun um die Energiewende zu einem geliebten Kind zu machen, damit es auch gut gedeihen kann. Nun, wir sollten es hegen und pflegen mit unserem Mut, unseren Visionen und unseren konkreten Plänen für ein gutes Leben.
Und dazu möchten wir sie einladen: mit uns mutig zu sein und den Tatsachen ins Gesicht zu schauen, mit uns Visionen zu entwickeln die das Wort Wandel auch verdienen und diese Visionen zu konkreten Plänen werden zu lassen für ein wahrhaft zukunftsfähiges Leben für alle.
Dazu brauchen wir u. A. die Windkraft auf dem Taunuskamm und viel mehr Strom aus Solaranlagen, wir brauchen politisch und finanziell unterstützte Einsparungs- und Effizienzmaßnahmen, wir brauchen eine Wende in der Verkehrsgestaltung und bei unserem Mobilitätsverhalten, wir brauchen energetisch gut sanierte Häuser, wir brauchen eine gerechte Verteilung der Energiewendekosten und eine gerechte Verteilung der Nutzungsrechte an der Natur, wir brauchen einen Wandel hin zu einem suffizienten, einem maßvollen Lebensstil.
Und wir brauchen demokratische Strukturen, die diese Veränderungen und eine bürgerliche Mitbestimmung ermöglichen. Das im Januar beginnende von der Stadt Wiesbaden durchgeführte Bürgerforum kann ein erster Schritt dahin sein und wir freuen uns darauf uns dort mit ihnen zusammen einzubringen. Wir finden es allerdings sehr wichtig, dass das Forum eine zeitlich unbegrenzte Fortsetzung als Energiewendetisch erfährt an dem dauerhaft ein umfassender Dialog über alle relevanten Fragen der Energiewende mit allen wichtigen Kräften aus Gesellschaft und Bürgerschaft stattfinden kann – und an dem eine echte bürgerschaftliche Mitbestimmung transparent und fair organisiert wird.
Für eine Energiewende mit 100 % erneuerbaren Energien, dezentral erzeugt, für ein nachhaltiges, maßvolles, gutes und glückliches Leben.
Für eine solidarische und sozial gerecht umgesetzte Energiewende.
Für eine Energiewende mit Kopf, Herz und Hand!
Klaus Wollner