Taunussteiner Energiewende

AKTE - ArbeitsKreis Taunussteiner Energiewende

Mahn­wa­che Fuku­shi­ma 11. März 2023

Fukushima Mahnwache 2023 
12 Jahre nach dem Supergau

_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​

Am 11.03.23 ver­an­stal­te­te der AKTE, der BUND Tau­nus­stein und die Loka­le Agen­da 21 Tsst. zum 12. Jah­res­tag der Reak­tor­ka­ta­stro­phe von Fuku­shi­ma eine Mahn­wa­che auf dem Dr.-Peter-Nikolaus-Platz. Die hie­si­gen Akti­vis­ten wur­den durch eine Grup­pe des BUND Hof­heim unter­stützt. Neu­ig­kei­ten zum Fort­dau­ern der Kata­stro­phe in Fuku­shi­ma und Appel­le wur­den vorgetragen.

Was pas­sier­te am 11. März 2011 in Fukushima?

Rund 160 Kilo­me­ter vor der Ost­küs­te Japans beb­te zwei Minu­ten lang die Erde und lös­te einen Tsu­na­mi aus. 13 bis 15 Meter hohe Wel­len über­schwemm­ten das Atom­kraft­werk, die Not­strom­ag­gre­ga­te fie­len inner­halb weni­ger Minu­ten kom­plett aus.

Auf­grund des Strom­aus­falls konn­ten die Abkling­be­cken nicht aus­rei­chend gekühlt wer­den. Es kam zur Kern­schmel­ze sowie zu Was­ser­stoff­ex­plo­sio­nen. Das Kühl­was­ser in den Reak­to­ren wur­de radio­ak­tiv ver­seucht und floss in gro­ßen Men­gen zurück in die Grund­was­ser­re­ser­voirs und ins offe­ne Meer.

Wäh­rend der Reak­tor­ka­ta­stro­phe sind die gesetz­li­chen Grenz­wer­te für radio­ak­ti­ves Jod und Cae­si­um im Meer­was­ser vor­über­ge­hend um das 50.000 bis 200.000-fache über­schrit­ten worden.

In der Fol­ge wur­de in Obst, Gemü­se und Fleisch aus der Prä­fek­tur Fuku­shi­ma stark erhöh­te Radio­ak­ti­vi­tät nach­ge­wie­sen. In einem Radi­us von drei­ßig Kilo­me­tern muss­ten alle Anwoh­ner eva­ku­iert wer­den, 100.000 bis 150.000 Men­schen haben das Gebiet ver­las­sen und wer­den nie wie­der in ihre Hei­mat zurück­keh­ren kön­nen. Der Stör­fall ist auf der INES-Ska­la mit der höchs­ten Stu­fe 7 bewer­tet (kata­stro­pha­ler Unfall, bis zum März 2011 nur in Tscher­no­byl eingetreten).

Schät­zungs­wei­se 23 Pro­zent des radio­ak­ti­ven Nie­der­schlags gin­gen über dem japa­ni­schen Fest­land nie­der. So kamen Men­schen in ganz Japan in Kon­takt mit kon­ta­mi­nier­ter Luft, Was­ser und Lebens­mit­teln und tra­gen ein erhöh­tes Krebs­ri­si­ko. Den wohl höchs­ten Strah­len­be­las­tun­gen waren die Mit­ar­bei­ter am Kraft­werk sowie die Ret­tungs­kräf­te aus­ge­setzt.
Die Mess­wer­te von Tep­co und dem japa­ni­schen Wis­sen­schafts­mi­nis­te­ri­um zei­gen, dass das Meer um Fuku­shi­ma hoch­gra­dig ver­seucht ist und sich die radio­ak­ti­ven Sub­stan­zen in den Nah­rungs­ket­ten anreichern.

Seit März 2011 tre­ten täg­lich radio­ak­ti­ve Iso­to­pe aus den hava­rier­ten Reak­to­ren aus. Die Kata­stro­phe dau­ert bis zum heu­ti­gen Tag an, auch wenn die Atom­in­dus­trie und Insti­tu­tio­nen der Atom­lob­by dies bestreiten.

Noch im März 2011 gab Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel bekannt, dass die sie­ben ältes­ten Kern­kraft­wer­ke Deutsch­lands abzu­schal­ten sind. Für die­sen Atom­aus­stieg wur­de Deutsch­land in aller Welt gefeiert.

(Ursprüng­lich hat­te man in Deutsch­land bereits rund 10 Jah­re vor dem Reak­tor­un­fall in Fuku­shi­ma und vor der AKW-Lauf­zeit­ver­län­ge­rung durch das Kabi­nett Mer­kel 2010, den schritt­wei­sen Atom­aus­stieg beschlos­sen. Mit der Abschal­tung der letz­ten drei Atom­kraft­wer­ke bis spä­tes­tens 15. April 2023 ist der Atom­aus­stieg in Deutsch­land voll­zo­gen.)

Die letz­ten drei AKWs sol­len bis 15. März 2023 abge­schal­tet wer­den, aber auch SPD und Grü­ne den­ken inzwi­schen – da Gas aus Russ­land fehlt – dar­über nach, die drei noch akti­ven deut­schen Atom­kraft­wer­ke wei­ter lau­fen zu las­sen, die FDP wirbt seit lan­gem offen­siv für eine län­ge­re Nut­zung der Kernkraft.

Die Debat­te um die Lauf­zeit­ver­län­ge­rung läuft noch, dar­auf möch­te ich nicht näher eingehen.

Was spricht gegen Kernkraft?

Zur Wirt­schaft­lich­keit von AKWs

Atom­strom ist extrem teu­er. Ohne enor­me staat­li­che Mit­fi­nan­zie­rung kann kein AKW gewinn­brin­gend gebaut und betrie­ben wer­den. Das wis­sen alle – selbst die Poli­ti­ker und Lobbyisten.

Trotz­dem:

Neue Nukle­ar-Alli­anz für den Aus­bau der Atom­ener­gie gegründet

Elf EU-Staa­ten haben vor weni­gen Tagen eine Nukle­ar-Alli­anz für den Aus­bau der Atom­ener­gie gegrün­det. Frank­reich, die Nie­der­lan­de, Polen, Finn­land, Bul­ga­ri­en, Kroa­ti­en, Tsche­chi­en, Ungarn, Rumä­ni­en, Slo­we­ni­en und die Slo­wa­kei wol­len stär­ker koope­rie­ren, um die Atom­ener­gie noch wei­ter aus­zu­bau­en. – Kur­ze Neben­be­mer­kung: Wer AKWs bau­en kann, kann auch Atom­bom­ben bauen.

AKWs kos­ten den Steu­er­zah­ler Mil­li­ar­den, die für zivil­ge­sell­schaft­li­che Belan­ge – Gesund­heits­we­sen, Woh­nungs­bau, Bil­dungs­auf­ga­ben, Kli­ma­schutz, Frie­dens­ar­beit etc. – nicht mehr zur Ver­fü­gung stehen.

Im End­ef­fekt ist Atom­strom unver­käuf­lich, weil viel zu teu­er und ein­fach über­flüs­sig, denn es gibt bes­se­re Alternativen:

Wind und Son­ne lie­fern uns kos­ten­lo­se Roh­stof­fe. Die Tech­ni­ken Pho­to­vol­ta­ik, Wind­kraft u.a. erzeu­gen Strom weit­ge­hend ohne Treib­haus­ga­se. Erneu­er­ba­re Ener­gien sind bil­li­ger als Atom­strom, in gro­ßem Stil mach­bar und tech­nisch zuver­läs­sig – eine zukunfts­ori­en­tier­te sozi­al-öko­lo­gi­sche Alternative.

Wir brau­chen kei­ne ver­al­te­te, lebens­ge­fähr­den­de Hochtechnologie.

Zu den aktu­el­len Risi­ken und Bedro­hun­gen der Kernkraft

AKWs sind an Gewäs­ser gebaut, weil sie Was­ser zum Küh­len brauchen.

Aus­ge­löst vom fort­schrei­ten­den Kli­ma­wan­del erle­ben wir extrem tro­cke­ne Som­mer und regen­ar­me Win­ter. Die Flüs­se trock­nen aus. Bei Was­ser­man­gel müs­sen Kern­kraft­wer­ke zurück­ge­fah­ren wer­den; das beob­ach­ten wir zur Zeit in Frank­reich. Das heißt Atom­strom fließt nicht zuverlässig.

Die Bedro­hung bei Stromausfall

Wenn der Strom aus­fällt, funk­tio­niert die Küh­lung der Reak­to­ren nicht mehr und es kommt zu einer Kern­schmel­ze wie in Fukushima.

Wir hören in den Nach­rich­ten, dass das rus­si­sche Mili­tär die Hoch­span­nungs­lei­tun­gen und Elek­tri­zi­täts­wer­ke bom­bar­diert. Die Ukrai­ne ver­fügt über vier AKWs. Drei davon lie­gen im Wes­ten des Lan­des. Wenn dort der Strom aus­fällt, über­nimmt ein Die­sel­ge­ne­ra­tor für maxi­mal drei Tage die Küh­lung. Bleibt die Strom­zu­fuhr dann wei­ter­hin unter­bro­chen, kommt es zur Kern­schmel­ze mit ver­hee­ren­den Fol­gen für Mensch und Natur.

Was bedeu­tet das für uns?

Wir als Zivil­ge­sell­schaft, das heißt jeder von uns, soll­te sei­nen Pro­test deut­lich äußern, wenn es um Kern­kraft geht, weil es min­des­tens fünf unschlag­ba­re Argu­men­te gegen Atom­strom gibt:

  1. Atom­strom ist viel zu teuer.
  2. Die Ver­sor­gung mit Atom­strom ist in Zei­ten des kli­ma­be­ding­ten Was­ser­man­gels unzuverlässig.
  3. Die radio­ak­ti­ve Ver­wüs­tung durch kriegs­be­ding­ten Strom­aus­fall ist unkal­ku­lier­bar. – Es grenzt schon an ein Wun­der, dass in die­sem Krieg noch nichts Schlim­mes pas­siert ist.
  4. Es gibt noch immer kei­ne Lösung für den Atom­ab­fall: Kei­ner will ein End­la­ger vor sei­ner Haus­tür; und Tes­co, die Betrei­ber-Fir­ma der Reak­to­ren in Fuku­shi­ma, will nun eine lan­ge Pipe­line bau­en, um Tau­sen­de Ton­nen radio­ak­tiv ver­seuch­ten Mate­ri­als ins Meer zu lei­ten. – Na bravo!
  5. Erneu­er­ba­re Ener­gien sind tech­nisch mach­bar, bil­lig und lebenserhaltend.

  • Ich möch­te Sie nach­drück­lich bestär­ken: Haben Sie den Mut, Ihre Frei­heit zu nut­zen, um mit guten Argu­men­ten Ihre Posi­ti­on zu ver­tre­ten! Zei­gen Sie Zivilcourage! 
  • Ich kann Ihnen ver­si­chern, Sie füh­len sich woh­ler, wenn Sie das ver­tre­ten, was Sie denken. 
  • Wir haben eine ethi­sche Ver­ant­wor­tung für die Zukunft der Menschheit

Aber es gibt nicht nur für alle nach­prüf­ba­re Grün­de, AKWs abzu­leh­nen und den Aus­bau erneu­er­ba­rer Ener­gien ein­zu­for­dern. Wir haben auch eine ethi­sche Ver­pflich­tung, ver­ant­wor­tungs­voll zu han­deln für unse­re Kin­der, für alle hier leben­den und künf­ti­gen Gene­ra­tio­nen weltweit.

Nichts recht­fer­tigt, die Zer­stö­rung des Lebens – der Natur und der Men­schen – aufs Spiel zu set­zen: Nichts: weder der Pro­fit noch unse­re Bequem­lich­keit noch die tech­ni­sche Machbarkeit.

Ein Kom­pass könn­te die Leit­li­nie sein, die der Phi­lo­soph Hans Jonas bereits 1979 vor­ge­schla­gen hat:

Hand­le so, dass dei­ne Hand­lun­gen wür­de­vol­les und fried­li­ches Leben auf unse­rem bewohn­ba­ren Pla­ne­ten ermöglichen!

Hand­le in die­sem Sin­ne lebensdienlich!